Am Ende,keine Abschiedsworte, sondern lieber die Geschichte vom Anfang.
Ganz neu war ich im Dorf und kannte noch niemanden außer der Katze. Die Katze aber hatte kein großes Interesse daran mich kennenzulernen. Den Priester kannte ich noch nicht, der weilte in der Sommerfrische und so war ich so allein wie selten.
Niemand aber der neu ins Dorf zieht, kann den Laden der Frau des Krämers verfehlen, denn die Frau des Krämers handelt nicht nur mit Scones und irischer Butter, sondern ist Bürgermeisterin, aber auch inoffizielle Polizeikommissarin des Dorfes und als ich eines Tages in ihrem Laden nach braunem Zucker kramte- was diese Ausländer alles essen-, beugte sie sich über die Ladentheke uns fragte:
„Fräulein Read On, kennen Sie denn schon unseren Tierarzt?“
„Nein, sagte ich, das Vergnügen hatte ich noch nicht. Haben sie braunen Zucker?“
Meine Frage ignorierte die Frau des Krämers.
„Meine Tochter und er sind schon fast verlobt“, sagte sie.
„Wie verlobt man sich denn fast Frau des Krämers?“
Die Frau des Krämers starrte mich an. „Sie stellen wirklich sehr komische Fragen.“ Aber dann beugte sie sich weit über die Ladentheke vor und sagte: „Er wird der erste Studierte in der Familie sein, Augen wie Paul Newman, wenn er sich drei Tage nicht rasiert, ich sage ihnen da macht mein Herz auch noch mal boom, boom und dann erst seine Hände. Sie wissen ja was man über Tierärzte sagt. Die Frau des Krämers zog eine Augenbraue hoch: „Ich nehme an, sie haben niemanden?“
Ich starrte die Frau des Krämers an, schüttelte den Kopf und verließ den Laden sehr schnell.
Braunen Zucker hatte ich nicht bekommen.
„Das habe ich mir gleich gedacht“, rief die Frau des Krämers.
Zwei Wochen vergingen und die Milch war aus.
Vor dem Laden der Frau des Krämers parkte ein klappriger Volvo.
Die Frau des Krämers kicherte.
Ihre Tochter war krebsrot im Gesicht.
Als ich den Laden betrat, drehte sich ein Mann zu mir um.
„Das ist die Ausländerin“ quiekte die Frau des Krämers noch immer atemlos.
„Fräulein Read On“, sagte ich. Und Sie sind?“
„Das ist unser Tierarzt“, krähten die Damen Krämer.
Der Mann vor mir streckte die Hand aus.
„Oh“, sagte ich, Sie sind der Beinahe-Verlobte.“
Der Mann vor mir ließ die Hand fallen und sah mich an.
Einfach so.
Plötzlich und ganz unverhofft sagte er:
„Shitzerhozen“
„Was?“, fragte ich ihn verblüfft.
„Shitzerhozen“
Ich schüttelte den Kopf und ging vorsichtig einen Schritt zurück.
Vielleicht sprechen die Tierärzte in Irland Schafisch?
„Die Frau des Krämers sagte sie sprächen Deutsch.“
Ich nickte.
Aber warum kennen sie dann „Shitzerhozen“ nicht?
Hören Sie Tierarzt, ich weiß nicht was sie da sagen, aber Deutsch ist das nicht.
Der Mann schüttelte seine Haare.
Fielen da hinter der Theke Tochter und Mutter Krämer etwa in Ohnmacht?
„Ich werde ja wohl wissen, ob ich Deutsch spreche.“
„Ich werde wohl doch noch hören, ob Sie Quatsch reden.“
Es gibt kein Wort namens Shitzerhozen.
Der Tierarzt fand ich, hatte auf einmal ein Gesicht wie ein sturer Esel
„Ich werde es ihnen beweisen.“
„Na los“, sagte ich, dann beweisen Sie mir das mal.“
„Okay“, sagte der Tierarzt und zog mich aus dem Laden heraus.
„Ich hatte eine Brieffreundin in der DDR. Erdmute. Holy moly what a name. Erdmute. Der Tierarzt lutschte den Namen wie einen Bonbon. Diese Deutschen. Wunderbar. Wir schrieben uns, was man sich eben so schreibt. Sie liebte Kühe wie ich.
Ich starrte die Hände des Tierarztes an.
„Wie sehr lieben Sie denn Kühe?“
„Oh so very, very much“, sagte der Tierarzt und ich trat einen Schritt zurück.
„Irgendwann schickten wir uns Bilder.“
„Will ich das wirklich hören?“
„Oh unbedingt.“
Sie schickte mir ein Bild von sich im Kindergarten. Oh sweet, little Erdmute.
Ich schickte ihr ein Bild von mir. In der Badewanne.
( Was ist nur los hier mit diesen Leuten, fragte ich mich?
Sie schickte mir einen Brief und schrieb: DU BIST SUESSER KLEINER SHITZERHOZEN.
Ich starrte den Tierarzt mit offenem Mund an, er zuckte mit den Schultern und lächelte.
Seit wann haben Tierärzte Grübchen?
„Sehen Sie Shitzerhozen gibt es doch.“
Dann aber fiel der Groschen.
„Tierarzt, sage ich, ihre Erdmute fand Sie seien ein süßer, kleiner Hosenscheißer, ein Bub, der noch seine Windeln braucht.
Aber der Tierarzt lächelte noch immer ein wenig mitleidig zu mir herüber.
„Shitzerhozen“, sagte er, sie verstehen es einfach nicht. Aber Erdmute oh my, what a girl. Ihre Eltern hatten viele Kühe. Oh these Germans
Dann drehte er sich um und ging zu seinem Auto herüber.
„Good luck here, Fräulein Read On who pretends to know German.
„Man sieht sich, Fast-Verlobter-Hosenscheißer“, rief ich ihm hinterher.
Er winkte.
Die Frau des Krämers sagte: „Fräulein Read On, der Mann ist mehr als eine Nummer zu groß für Sie.“
Drei Wochen später hielt zum ersten Mal ein klappriger Volvo im Oberland.
Du wirst mir fehlen Niall, du, das Licht und auch die Schatten. 7 Tage hält man im Judentum Shiva, für sieben Tage bleibt es hier ganz still, vielleicht auch noch ein bisschen länger, es werden schon nicht gleich sieben Jahre werden. Ich danke ihnen allen für ihr große Anteilnahme, für ihre Lieder und für ihr Licht,dass all die Schatten so viel kleiner machte. Baruch Dayan Emet.